Page 22 - SCHAUrein! 2/2020
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 22 Persönlich REINGSCHAUT! WERBUNG
Bernhard Wurzer – der St. Pöltne
 Bernhard Wurzer
mit Bundeskanzler Sebastian Kurz.
nengelernt. Wenn man mit jugendli- cher Naivität und einem hohen Maß an
Idealismus beginnt, in der Politik tätig zu sein und dann auf die Realität prallt, lernt man fürs Leben. Und dann, die Nähe zu den Menschen, diese Unmittelbarkeit in St. Pölten. Man wird beim Einkaufen auf aktuelle Probleme angesprochen. Das erlebt man nur in der Kommunalpolitik. Ich möchte diese Zeit nicht missen, bin
aber auch froh, dass es vorbei ist.
3. Die Zusammenlegung der Gebiets- krankenkassen. Das hat mich sicherlich am meisten in den vergangenen Jahren geprägt. Wenn man vom Regierungspro- gramm über die Gesetzgebung bis zur Umsetzung von Anfang an dabei ist, be- schäftigt einen das rund um die Uhr. Au- ßerdem haben wir noch ein ganzes Stück Weg vor uns. Aber ich bin stolz auf die 12.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGK, sie haben Tolles geleistet.
Derzeit befindet sich Österreich auf- grund des Coronavirus im Ausnahme- zustand. Welche zusätzlichen Heraus- forderungen bedeutet das für die ÖGK und wie gehen Sie mit der Situation per- sönlich um?
Wurzer: Die erste Herausforderung ist das Aufrechterhalten der Versorgung. Das klingt leichter als es ist.
Aber wenn man einmal ei-
ren, außerdem betreiben wir noch mehr als 100 eigene Gesundheitseinrichtungen und Ambulatorien.
Und dann gibt es noch die finanzielle Dimension. Die Maßnahmen bedeuten massive Einnahmenverluste für die Un- ternehmen und damit letztlich auch für die Sozialversicherung. Man muss sich vorstellen, dass in der ersten Corona Woche 160.000 Menschen abgemeldet wurden. Das gab es noch nie. Die Sozial- versicherung hat zudem für die betroffe- nen Betriebe die Sozialversicherungsbei- träge gestundet. Das macht im März 200 Millionen Euro aus und im April ca. 800 Millionen. Diese Dimensionen hätte vor der Krise niemand auch nur zu denken gewagt.
Die dringendsten Dinge, die nach der Krise in der ÖGK in Angriff genommen werden müssen?
Wurzer: Wir werden rasch aus der Kri- se lernen müssen. Wir haben gut funk- tioniert und sehr rasch als ÖGK öster- reichweit Maßnahmen gesetzt, die früher niemals gegangen wären: telefonische Verordnung von Rezepten, telemedizini- sche Dienste bis zur Psychotherapie über Bildschirm. Wir haben für die meisten Medikamente und Medizinprodukte die Bewillligungspflicht ausgesetzt. Wir hat- ten hunderte Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter in Homeoffice. Was wir nach der Krise brauchen, ist eine rasche Analyse.
Der St. Pöltner Bernhard Wurzer ist seit 2019 Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse, die gerade in die-
sen Zeiten vor großen Herausforderungen steht. Im etwas anderen Interview mit SCHAUrein! gibt er auch auf
persönlichere Fragen Antwort.
 Zur Person:
Bernhard Wurzer ist 46 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder, Sophie (14) und Tobias (16). Mit seiner Familie lebt er in St. Pölten. Der studierte Jurist war 16 Jahre lang Gemeinderat in St. Pölten und von 2006 bis 2019 im Hauptverband der österreichischen Sozialversiche- rungsträger tätig, zuletzt als stellver- tretender Generaldirektor. Seit Juli 2019 ist Wurzer Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse.
Drei Dinge, die Ihr Leben beeinflusst ha- ben.
Wurzer: 1. Der Tod meines Vaters. Er ist bei einem Fahrradunfall ums Leben ge- kommen, als ich acht Jahre alt war. Das hat mein Leben sicherlich am meisten geprägt, da es die gesamte Familie aus der Bahn geworfen und auf den Kopf gestellt hat. Ich musste sehr früh Verantwortung übernehmen. Schließlich habe ich nun selbst eine wunderbare Familie.
2. Meine Tätigkeit im Gemeinderat in der Landeshauptstadt und der Jungen ÖVP. Es war eine der spannendsten und lehrreichsten Zeiten. Ich war 16 Jahre im Gemeinderat, 11 Jahre Klubobmann und fast 7 Jahre Stadtrat, ich war Bundesob- mann- Stellvertreter und Landesob- mann-Stellvertreter. In der JVP habe ich schon in jungen Jahren Persönlichkeiten wie Minister und Landeshauptleute ken-
nen ganzen Sonntag durch- telefoniert, um Masken für die niedergelassenen Ärzte zu organisieren, weil Flug- zeuge festhängen, verspro- chene Lieferungen nicht ankommen etc. bekommt das eine andere Bedeutung. Dazu kommt, dass wir selbst ein Unternehmen mit 12.000 Mitarbeiterinnen und Mitar- beiternsind,diemanschüt- zen muss. Wir mussten Frei- stellungen, Homeoffice und Sicherheitsbetrieb organisie-
Bei der Ministranten-Wallfahrt nach Rom.
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