Page 20 - SCHAUrein! 1/2020
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 20 Persönlich REINGSCHAUT! WERBUNG
Ernest A. Kienzl – ein Leben d
  Ernest A. Kienzl war Kunsterzieher am Mary Ward-Gymnasium, ist Künstler in St. Pölten und aktueller Prandtauer-Preisträger. Außer- dem ist er Obmann des St. Pöltner Künstlerbundes und auch Vize- Präsident der NÖ Kunstvereine. Im persönlichen Interview gibt er uns Einblick in seine Gedankenwelt.
  Bei der Prandtauerpreisverleihung mit Bgm. Stadler und mit Prof. Maria Sturm bei einer Straßenausstellung des Künstlerbundes 1975.
Sie sind aktueller Prandtauerpreisträger der Landeshauptstadt. Was bedeutet Ih- nen diese Auszeichnung?
Kienzl: Es ist eine große Ehre, wenn man in eine Reihe mit den bisherigen Preisträger*innen gestellt wird. Es ist aber meines Erachtens ein Auftrag, die bisheri- ge künstlerische Arbeit und die kulturel- len Aktivitäten für St. Pölten fortzusetzen.
Woran arbeiten Sie gerade?
Kienzl: Ich arbeite derzeit an den so ge- nannten „Found abstracts“. Da gehe ich von realen Situationen aus, wie etwa Sprünge im Asphalt. Durch die Transfor- mation in ein Tafelbild werden sie abstrakt und damit mehrdeutig interpretierbar. Bildnerisch interessiert mich daran, wie Spannung zwischen Vorder- und Hinter- grund aufgebaut wird, mit welchen bild- nerischen Mitteln etwas in den Vorder- grund drängt oder gedrängt wird.
Als Obmann des St. Pöltner Künstler- bundes und auch Vize-Präsident der NÖ Kunstvereine, engagieren Sie sich für Kunst und Kultur. Wie sehen Sie den Stel- lenwert dieser beiden Institutionen? Kienzl: Kunst ist Teil der Kultur – aber sie ist der Teil, der Kultur gleichzeitig reflek- tiert und sie so ganz wesentlich beeinflus- sen kann und soll. Ich fürchte, dass viele
sie nur als Konsumgut verstehen. Der Landesverband der Kunstvereine mit dem NÖ Dokumentationszentrum für mo- derne Kunst ist seit der Beendigung der ZEITKUNST-Schiene im Landesmuse- um sicher der wichtigste Ausstellungs- raum in St. Pölten für zeitgenössische bildende Kunst. Der St. Pöltner Künst- lerbund mit seinem Ausstellungsraum KUNST:WERK ist weit über St. Pölten hinaus als einer der führenden Kunstver- eine anerkannt.
Was fehlt Ihrer Meinung in St. Pölten im kulturellen Bereich?
Kienzl: Freiräume, in denen künstlerische Aktivitäten entstehen können. Die Zivil- bevölkerung muss sie fordern, die Politik muss sie fördern.
Hinsichtlich welcher Entwicklungen sollte man sich in St. Pölten Gedanken machen? Kienzl: Nicht alles, was alt ist, ist gut und nicht alles, was neu ist, ist schlecht. Qua- lität muss im Vordergrund stehen! Dann passen z. B. auch zeitgenössische Bauten in eine alte Baustruktur, so wie auch in Wohnungen alte und neue Möbel durch- aus harmonieren, wenn sie den gleichen Qualitätsstandard haben. Ich wünsche mir, dass qualitätsvolle Kunst – von Ma- lerei bis zur Architektur - in jeder Form mehr Präsenz in der Öffentlichkeit fin- det und sie auch – angemessen diskutiert wird. Ich habe in dem Zusammenhang bei der Prandtauerpreisverleihung eine Bien- nale für künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum angeregt.
St. Pölten hat ganz knapp die Wahl zur Kulturhauptstadt verloren, enttäuscht? Kienzl: Ja, da war ich natürlich sehr enttäuscht. Ich hoffe aber, dass der Auf- schwung der Bewerbungsphase über 2024 hinaus anhält und dass das, was für 2024 geplant ist, nicht lediglich den „großen“ Kulturbetrieben und dem „Kulturkon- sum“ zugutekommt, sondern vor allem eine nachhaltige Entwicklung der kleine- ren Initiativen ermöglicht.
Was sollte von dem im Bid Book beinhal- teten Projekten umgesetzt werden?
Kienzl: Hier
liegt mir besonders das kunst.netz.europa am Herzen – ein Projekt, das im Vorjahr mit einer Ausstellung im Stadtmuseum gestartet ist, in der Arbeiten von 5 Mit- gliedern des St. Pöltner Künstlerbundes gemeinsam mit Arbeiten von 6 bilden- den Künstler*innen aus verschiedenen europäischen Mittelstädten gezeigt wur- den. Diese Ausstellung wandert durch die Städte der beteiligten Künstler*innen. Das Konzept soll auch mit Künstler*innen aus weiteren europäischen Partnerstädten fortgesetzt werden und eine vertiefte Zu- sammenarbeit heimischer und europäi- scher Künstler bis hin zu „Artist in Resi- denz-Projekten“ ermöglichen.
Wie wird sich der St. Pöltner Künstler- bund in Zukunft entwickeln?
Kienzl: Die Ausstellungen im KUNST:WERK im Löwenhof und die tra- ditionelle Jahresausstellung im Stadtmu- seum zeigen das große künstlerische Po-
Der kleine Ernsti 1953 und beim Training Anfang der 70er Jahre
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Fotos: privat, zVg, Vorlaufer, Dürnberger, Katzler













































































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