Page 63 - SCHAUrein! 6/2019
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  meine Antriebskraft.”
legha, dort konnte man auch viel über Material und Maltechniken lernen”, so Schönthaler. Doch kurz bevor er fix auf- genommen wurde, hakte er das System Kunstakademie für sich ab. „Ich emp- fand die Atmosphäre im Haus am Schil- lerplatz als äußerst unangenehm, der Be- trieb passte irgendwie nicht zu mir.” So entschloss er sich, es auf eigene Faust zu probieren. „Für die Marktperformance wäre es vielleicht besser gewesen, an der Akademie zu bleiben.”
chen-, Eitempera sein Mal- mittel. „Einmal den öligen Anteil erhöhen, dann wieder mehr Wasser verwenden, das ergibt spannende Momente, wenn sich die Tropfen absto- ßen”, versucht Schönthaler die Möglichkeiten des Materials auszureizen. „Ich habe das Potential der Eitempera noch lange nicht ausgeschöpft”, so der Künstler, der keine Tech- niken mischt, alles bleibt im System.
Mit seinen Exponaten möch- te er „keine komplizierten Geschichten erzählen”, seine Bilder sind emotional aufge- ladene Wirkflächen aus Far- be, rhythmisiert nach seinen eigenen, hohen Qualitätskri- terien. Er nimmt sich Zeit für seine Werke, „ich hoffe, dass es das Publikum auch spürt.” Schönthaler ist „kein abgeho- bener, überheblicher Freak”, wie er sagt. „Ich bin Maler” ist sein Credo, er sieht auch viel Handwerk in seiner Arbeit. So wie Schönthaler mit seinem Timing seine Bilder erschafft, hat auch der/die Betrachter*in ein individuelles Zeitfenster, um auf die Bilder zu reagieren, sie zu reflektieren. „Das ist der springende Punkt, denn Kunst fängt dann an, wenn es mindestens zwei gibt, Be- trachter und Künstler, wenn etwas emotional oder auch in- tellektuell zwischen Werk und Betrachtung passiert.”
Werke von Schönthaler, der seit 2011 auch Mitglied des St. Pöltner Künstlerbundes ist, wurden öffentlich vom St. Pöltner Stadtmuseum, dem Schlossmuseum Ulmerfeld und dem Land Niederöster- reich angekauft.
Zurzeit bereitet der empfind- same Maler eine große So- loausstellung, die im Herbst nächsten Jahres im Barock- schlössl, Kunstverein Mist- elbach stattfinden wird, vor. Natürlich so konsequent und eigenständig, wie er es ge- wohnt ist, zu malen.
Konsequente
Selbstbeobachtung
Für seine individuelle Entwicklung war es eher von Vorteil, denn Schönthaler ist ein Künstler, der sein Oeuvre aus ei- ner kompromisslosen Selbstbeobachtung heraus entstehen lässt. Behutsam geht er an seine freie Malerei heran. „Was ist mir im Moment möglich, es gibt oft keine allzu konkreten Richtungsvorga- ben. Wenn ich in die Malerei einsteige, höre ich auf mich, zu Beginn ist es im- mer eine innere Schau”. Seine Aktivitäten auf der Malfläche bezeichnet er als „eine gesteuerte Zufälligkeit”. Dass es auch die Phasen gibt, „wo man das Bild genau beobachten muss, um zu erfahren, was es noch braucht”, bleibt da nicht uner- wähnt. Kohle ist sein bevorzugtes Zei-
KUNST Kultur 63 WERBUNG
  Auf den ersten Pinselstrich kommt es an - Kurt Schönthaler lernt sich über den Umweg Malerei selbst kennen.
Kulturell
betrachtet
Leider nein
Die Entscheidung fiel
knapp zugunsten eines Mitbewerbers aus.
Bad Ischl darf sich Kulturhauptstadt 2024 nen- nen. Leider, denn getragen von einer Kraft, die vorab aus der kulturaffinen Bevölkerung kam, die eine große Chance für die, sich unaufhörlich verändernde, wachsende Landeshauptstadt witterte, sich endgültig vom doch noch an- haftenden Image einer braven Arbeiterstadt zu emanzipieren, war man im Finish gar Favorit auf den heiß begehrten Titel gewesen.
Auch der glückliche Umstand, dass Stadt und Land, trotz unterschiedlicher Couleurs gemein- sam an einem Strang zogen, zeigte sich in der öffentlichen Wahrnehmung als Vorteil. Schließ- lich stand die Finanzierung auf einer breiten Basis.
Abgesehen davon, dass St. Pölten, meiner bescheidenen Meinung nach, ohnehin eine bemerkenswerte Position in Sachen Kunst und Kultur in Österreich einnimmt, wäre natürlich die Wahl zur europäischen Kulturhauptstadt eine weitere Aufwertung gewesen.
Es ist eher müßig darüber zu diskutieren, warum es am Ende doch nicht zur Ehre ge- reichte. Aber ein paar kleine Anmerkungen seien erlaubt. Wenngleich ich persönlich nicht sonderlich über ein KinderKunstLabor im Kontext des immer härter werdenden Kulturin- stitutionenkampfes um junge Besucher*innen, erfreut bin, so ist dabei durchaus Innovation und der Drang, Neues entstehen zu lassen, zu entdecken. Bei der Revitalisierung des Klang- turmes und neuer Akzentsetzung im Festspiel- haus sieht das ein bisserl anders aus. Da darf die Frage gestellt werden, ob einmal konzep- tionell errichtete Kunsträume nicht ohnehin über Jahre hinweg im laufenden Kulturbudget berücksichtigt werden müssten?
Hat man vielleicht doch zum Schluss ein wenig Bodenhaftung und Authentizität verloren, sich die ursprüngliche Nähe zur Basis und zum Um- land, etwas, das gemeinhin Bürger*innennähe
- natürlich abseits niveauloser Anbiederung- ge- nannt wird, verflüchtigt, trotz oder wegen einer tollen Organisation und Öffentlichkeitsarbeit? 2024 nun St. Pölten zur Landeskulturhaupt- stadt auszurufen, hat in seiner Trotzhaltung etwas Komödiantisches. St. Pölten gemein- sam kulturell zu entwickeln und Plätze wie
den Domplatz, Räume wie die Synagoge aufzuwerten ... da bedarf es eines solchen Mascherls nicht, das müsste eigentlich gesell- schaftspolitischer Kanon sein.
   Foto: Christa Reichebner Andreas Reichebner











































































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